Das Archiv als Gedächtnisort ist unter den Kulturgut bewahrenden Einrichtungen im Hause missio Aachen die deutlich jüngste. Bibliothek und Bildarchiv schauten schon auf eine lange Geschichte zurück, als Ende der 1980er Jahre die Frage nach der Gründung eines Archivs aufkam.
Die Bischöfliche Kommission für Fragen der Wissenschaft und Kultur der Deutschen Bischofskonferenz hatte den Entwurf einer „Anordnung zur Sicherung und Nutzung der kirchlichen Archive“ bei der Bundeskonferenz der kirchlichen Archive in Auftrag gegeben. missio Aachen wurde 1988 zu der Vorstellung dieses Entwurfs von der Kommission eingeladen. Die Teilnahme an der Sitzung beförderte die Archivgründung.
Für die Umsetzung suchte missio Aachen fachlichen Rat bei kirchlichen Archiven. Mit Beratung, Möglichkeit zur Weiterbildung sowie dem „Gutachten zur Errichtung eines Archivs bei Missio – Internationales Katholisches Missionswerk e. V. … 1991“ begleitete das Historische Archiv des Erzbistums Köln intensiv die Bestrebungen von missio. Ziele waren die Überlieferungssicherung der eigenen Geschichte sowie „aus kirchengeschichtlichem Interesse für die Ortskirchen in Afrika, Asien und Ozeanien“, wie es der interne Entwurf zum „Aufbau eines Archives im Hause MISSIO“ 1989 beschrieb.(1)
Im Rahmen eines Volontariats wurde ab 1993 die konzeptionelle Aufbauarbeit für das Archiv vorangetrieben. Diese umfasste besonders die Einführung einer Erschließungssoftware als Modul der Bibliothekssoftware von mikado (Missionsbibliothek und katholische Dokumentationsstelle).(2)
Neben den allgemeinen kirchenrechtlichen Vorgaben regelt die Archivordnung von 1997 der beiden Archivträger, missio – Internationales Katholisches Missionswerk e.V. (missio Aachen) und Missionswissenschaftlichen Institut Missio e.V. (MWI), in Nachfolge der Archivordnung von 1995 die Aufgaben und das Arbeiten des Archivs. Dem MWI wurde organisatorisch das gemeinschaftlich mit missio Aachen betriebene mikado zugeordnet, dem auch das Archiv angehört.
Obwohl die Einrichtung des Archivs in den 1990er Jahren erfolgte, liegen die ersten Spuren archivischen Interesses deutlich weiter zurück. Das 1927 eingerichtete „Schrifttumsreferat“ baute ein Zeitschriftenausschnittsarchiv auf.(3)
Des Weiteren ist wenig bekannt, dass der langjährige Bibliothekar Dr. Franz Baeumker von 1920 bis 1949 (ehrenamtlich bis 1975) neben seinen umfangreichen und vielfältigen Aufgaben auch archivische Anfragen betreute.(4) Auf eine externe Anfrage für die Regestensammlung „Quellen zur Geschichte Afrikas südlich der Sahara in den Archiven der Bundesrepublik Deutschland“ konnte er 1964 auf eine Sammlung von 38 Briefen des Kölner Domkapitulars und Begründer des Afrikavereins deutscher Katholiken an den Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes Paul Kayser verweisen. Diese Briefsammlung hatte 1940 das Päpstliche Werk der Glaubensverbreitung (PWG), wie missio Aachen damals hieß, von dem Berliner Antiquar Karl von Hohenloher nach Vermittlung des Kölner Generalvikariats erworben, „damit er [der Briefwechsel, d. V.] für spätere Zeiten greifbar ist“, wie es in dem Brief vom 4. Juli 1940 an den Antiquar formuliert wurde. In einer weiteren Erwerbungskorrespondenz von 1942 wurde der Zweck des Ankaufs mit „für unser Archiv“ benannt.(5)
Heute ist die Arbeitsweise des Archivs durch die doppelte Trägerschaft geprägt. Die Provenienzen der Archivalien werden sowohl durch unterschiedliche Signaturenkreise als auch durch eine getrennte Aufstellung in der Kompaktusanlage sichergestellt.
Das Missionswissenschaftliche Institut missio e. V. wurde 1971 als Tochterinstitut von missio Aachen mit der Zielsetzung der Förderung der „Wissenschaft, Forschung und Lehre in der katholischen Missionsarbeit“(6) gegründet. Dank der frühzeitig begonnenen Überlieferungsbildung für das MWI kann seine knapp fünfzigjährige Geschichte gut nachvollzogen werden. Die Bestände beginnen mit dem Protokoll der Gründungsversammlung vom 3. November 1971 und der damaligen Satzung.(7) Sie umfassen Protokolle und Unterlagen zu den Gremien des MWI. Ebenso finden sich Archivalien zu den Kooperationen mit katholisch-universitären Bildungseinrichtungen in Afrika und Asien und über das Stipendiatenwesen des MWI. Weiterhin werden die Publikation mittels Archivalien und Belegexemplaren dokumentiert.
Von missio Aachen stammen die umfangreicheren Archivbestände. Die ältesten Archivalien gehen auf die Frühzeit des 1832 gegründeten Franziskus Xaverius Missions-Vereins (FXMV), aus dem missio Aachen hervorging, und seines Gründers Dr. Heinrich Hahn zurück. Unter dem Titel „Gründung und Aufbau des Franziskus-Xaverius-Vereins“ sind unterschiedliche Unterlagen aus der Zeit von 1834-1877 zur Gründung des Vereins, zu seiner staatlichen (1841) und zu seiner kirchlichen Anerkennung (1842) sowie die Vereinsstatuten von 1842 und 1895 zusammengefasst.(9) Das Archiv bewahrt eine Sammlung von 319 Briefen des Gründers an den Zentralrat in Lyon aus der Zeit von 1841 bis 1881. Diese sind restauriert und als bestandserhaltende Maßnahme digitalisiert. Auch existieren von den Briefen Transkriptionen.(10) Die Missionskartei des Bibliothekars Dr. Baeumker und die dazugehörige Entstehungsunterlagen aus der Zeit von 1948 bis 1973 werden im Archiv bewahrt.(11) Ebenfalls aus der Hand von Dr. Baeumker stammen die ca. 1940 geschriebenen zehnbändigen Annalen zur Geschichte des FXMV.(12)
Verschiedene Archivgutarten wie Akten, Belegexemplare der Publikationen und Produkte, Bild-, Film- und Tongut seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, maschinenlesbare Datenträger, Plakate und Urkunden dokumentieren das Wirken von missio Aachen für die Weltkirche. Auch wenn es Überlieferungslücken vor allem aus den ersten 150 Jahren gibt, so wächst die Überlieferungsdichte seit der Archivgründung.
Zum jetzigen Zeitpunkt (Juni 2020, d. Red.) umfasst das Archiv im Zwischenarchiv 864 Regalmeter Akten und im historischen Archiv 324 Regalmeter Archivalien. Für die Einrichtung eines elektronischen Langzeitarchivs werden Vorbereitungen getroffen.
Die Archivalien stehen unter der Beachtung der kirchlichen Schutzfristen nach Voranmeldung der Nutzung zur Verfügung.
Frieder Mari-Zeller, ehem. Archivar bei mikado
(1) Vgl. missio Aachen – Archiv, Konzeption für ein missio-Archiv, Aktenkonvolut zu verschiedenen archivistischen Themen u. a. Archivgründung, Kassationsordnungen, lose Blattsammlung (1979-2007), missio Aachen - Archiv, B-63/1.
(2) Vgl. Oberst, Ursula: Datenbankentwurf für die Verzeichnung der Akten des Missio-Archivs unter Verwendung von STAR. Abschlußarbeit zum Jahreslehrgang 1994 am Potsdamer Institut für Information und Dokumentation (Kurs B). Lehrgebiet: Entwurf von Informationssystemen, Potsdam 1994; vgl. missio Aachen – Archiv, Konzeption für ein missio-Archiv (wie Anm. 1), B-63/1.
(3) Vgl. Schückler. Georg: Die Missionsbibliothek des Päpstlichen Werkes der Glaubensverbreitung (Zentrale Aachen). In: Euntes Docete 21 (1968), S. 363.
(4) Dr. Baeumker wird an anderer Stelle des Katalogs ausführlich gewürdigt.
(5) Vgl. missio Aachen – Archiv, A-907. Signatur der Briefsammlung, A-976. Der Brief von Prinz Arenberg findet sich in A-977.
(6) Missionswissenschaftliches Institut Missio e.V. / www.mwi-aachen.org: Das MWI – MWI, https://www.mwi-aachen.org/mwi/ (Stand: 14.04.2020, letzter Zugriff: 14.04.2020); zur Gründung vgl. auch Suermann, Harald: Platz des Missionswissenschaftlichen Instituts missio e.V. als Lerngemeinschaft in der Weltkirche, in: Krämer, Klaus; Vellguth, Klaus (Hgg.): Weltkirche in Deutschland. Miteinander den Glauben leben (Theologie der Einen Welt 6 »), Freiburg 2014, S. 182-194, hier S. 182.
(7) Vgl. missio Aachen – Archiv, MWI-000.
(8) Vgl. missio Aachen – Archiv, MWI-001-73.
(9) Vgl. missio Aachen – Archiv, A-003.
(10) Vgl. missio Aachen – Archiv, A-230.
(11) Vgl. missio Aachen – Archiv, A-906.
(12) Vgl. missio Aachen – Archiv, A-237.